VI. Internationales Joseph-Woelfl-Symposium Teil II: Bonn
1.-3. Dezember 2023
Kammermusiksaal des Woelfl-Hauses
Schirmherrschaft Ina Brandes
Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
Anmeldung: haider-dechant@woelflhaus.de
Unter dieser Adresse können Sie sich sowohl für die Teilnahme vor Ort anmelden, als auch für die Online-Teilnahme per Zoom. Sie erhalten dann die entsprechenden Zoom-Zugangsdaten per Mail.
Foto: MKW/ Anja Tiwisina
Grußwort Ina Brandes
Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
Joseph Johann Baptist Woelfl – dieser Name und das Werk, das sich mit ihm verbindet, sind heute vor allem Musik-Kennerinnen und Musik-Kennern ein Begriff. Dabei war der in Wien, Warschau, Paris und London tätige Woelfl nicht nur ein virtuoser Pianist und Komponist, er war auch musikgeschichtlich ein Bindeglied zwischen Mozart, Beethoven und Haydn. Sein musikalisches Erbe, darunter zahlreiche Kompositionen für Klavier, gilt es zu bewahren und lebendig zu halten.
Genau das ist das Ziel der deutsch-österreichischen Zusammenarbeit zwischen der Internationalen Joseph Woelfl Gesellschaft und der Joseph-Woelfl-Gesellschaft Bonn e. V.: Sie präsentieren das Werk Woelfls nicht nur in Konzerten und Symposien einem breiten Publikum, sondern leisten auch einen Beitrag zu seiner wissenschaftlichen Erforschung und musikgeschichtlichen Einordnung. Dabei ermöglicht die Herausgabe des Gesamtwerkes von Joseph Woelfl durch Frau Prof. Margit Haider-Dechant und Prof. Dr. Hermann Dechant nicht nur seine umfassende Rezeption, sondern auch musikalische (Wieder-) Entdeckungen.
Das langjährige Engagement insbesondere der Gründer der Joseph-Woelfl-Gesellschaft Bonn und des Woelfl-Hauses Frau Prof. Margit Haider-Dechant und Herr Prof. Hermann Dechant ist bemerkenswert. Der Verein und das Zentrum haben sich als Zentrum des Austauschs und als Veranstaltungsort etabliert und sind heute ein wichtiger Standort der dichten kulturellen Landschaft Nordrhein-Westfalens.
Das diesjährige Joseph-Woelfl-Symposium, das wir als Land gern unterstützen, feiert den 250. Geburtstag des Komponisten. Es bildet eine Plattform für den Austausch über die Woelfl-Forschung und schafft Anreize für eine breite Öffentlichkeit, sich mit dem Werk dieses einflussreichen Musikers auseinanderzusetzen. Das breit angelegte Spektrum des Symposiums zeigt die Einbindung seines Schaffens in den zeitlichen und europäischen Kontext auf und bietet neue Diskussionsthemen und Anknüpfungspunkte an sein Werk. Damit leistet es einen Beitrag dazu, historische Entwicklungslinien nachzuzeichnen und die Vielfalt unseres musikalischen Erbes zu bewahren.
Ich danke der Joseph-Woelfl-Gesellschaft Bonn e. V. für diese wichtige Arbeit und wünsche dem Symposium viel Erfolg.
Freitag, 01.12.2023:
13:00 Begrüßung, Präsentation der Sonderpublikation von Ingrid Bodsch zum Joseph-Woelfl-Almanach 2021/2022: „Ein Museum für Joseph Woelfl (1773–1812) | Woelfl-Rezeption, historischer Kontext und ein paar konzeptionelle Überlegungen“
HISTORISCHE AUFFÜHRUNGSPRAXIS
Für praktische Darstellungen steht ein Broadwood-Flügel aus dem Jahr 1806 zur Verfügung.
Chairman Hermann-Dechant
13:45 Anna Katharina Tutert: „Er beschloss mit einer freyen Phantasie für das Fortepiano allein.“ – Spuren des solistischen Extemporespiels bei Joseph Woelfl
14:30 Kaffeepause
15:00 Chanyapong Thongsawang: „Joseph Woelfl’s Arrangements on French Operatic Themes”
15:45 Hartmut Krones: „Zu Woelfls Joseph Haydn gewidmeten Klaviertrios Op. 5“
16:30 Kaffeepause
17:00 Anders Muskens: „The Eloquent Performance of Rhetorical Figures in Literature and Woelfl’s Keyboard Music from Historical Sources”
Lecture-Recital
18:15 Pause
18:45 Jacqueline Ross / Dmitry Ablogin: „Unterschiede der historischen Aufführungspraxis bei Beethoven und Woelfl“
Lecture-Recital
Gemeinsames Abendessen im Restaurant Alexander
Samstag, 02.12.2023
Chairman Martin Czernin
KLAVIER
10:30 Keynote: Hervé Audéon: „Concerto militaire Op. 43 et Concerto Le Coucou Op. 49“ –
Präsentation des Bandes IV/3 der wissenschaftlichen Gesamtausgabe
11:30 Kaffeepause
12:00 Margit Haider-Dechant: „Woelfls Practical School for the Piano Forte Op. 56 als klaviertechnisches und musiktheoretisches Werk“ – Präsentation der Praktika-Ausgabe
12:45 Mittagspause
BIOGRAPHIE
13:45 Otto Biba: „Musiker und Komponisten zu Woelfls Zeit rund um Straßwalchen“
14:30 Anna Petrova-Forster: „Daniel Steibelt, Joseph Woelfl und die ersten reisenden Klaviervirtuosen. Salzburg im Herbst 1783“
15:15 Kaffeepause
REZEPTION
Chairman Hermann Dechant
15:45 Martin Czernin: „Neue Erkenntnisse zu Biografie und Rezeptionsgeschichte von Joseph Woelfl in Österreich“
16:30 Helmut Loos: „Joseph Wölfl (1773–1812) in der Allgemeinen musikalischen Zeitung“
20:00 Kammermusiksaal, Beethoven-Haus Bonn: Festkonzert
Klavierabend mit Michael Korstick „Beethoven & Woelfl – Amici rivali“ – Christine Siegert, Moderation
Sonntag, 03.12.2023
Chairman Martin Czernin
MISCELLANEOUS
10:30 Hermann Dechant: „Joseph Woelfls gesellschaftskritische Opern Das schöne Milchmädchen, Der Brigithe-Kirchtag und Liebe macht kurzen Prozeß“
11:15 Bettina Vogel-Walter: „Woelfl und die böhmischen Bäder“
12:00 Mittagspause
LONDON
13:00 Timothy Jones: „? Zu Woelfls HRH The Prince of Wales gewidmeten Streichquartetten Op. 51 “
13:45 Ingrid Bodsch: „Von Mrs White und Mr Cudmore bis Miss Louisa Scarlett und Miss Logier – Neues zu Woelfl-Schülern und Widmungsträgerinnen im Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland.“
14:30 Kaffeepause
15:00 Round Table: Leitung Margit Haider-Dechant
Ergänzung des Symposiums: Vortragskonzert am 21.01.2024
Wolfram Windisch: Vortragskonzert „Zwischen Musik und Medizin“ – Krankheiten Beethovens und Woelfls
Unsere Referenten
(in alphabetischer Reihenfolge)
Ablogin, Prof. Dmitry: Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main (D)
Audéon, Dr. Hervé: IReMus – Institut de Recherche en Musicologie- CNRS, associé à l’université de Paris-Sorbonne (F)
Biba, Prof. Dr. Dr. h.c. Otto: Musikwissenschaftler, Wien (A)
Bodsch, Dr. Ingrid: Gründungsdirektorin des Stadtmuseum Bonn a.D., Wissenschaftliche Kuratorin der Joseph-Woelfl-Gesellschaft Bonn und des künftigen Woelfl-
Museums, Projektleiterin des Schumann-Netzwerks (D)
Czernin, Dr. Martin: Landesarchiv Burgenland (A)
Dechant, Prof. Dr. Hermann: Em. Hochschule für Musik in Würzburg, Verlagsdirektor von APOLLON-Musikoffizin OHG Bonn, Rheinische Friedrich-Wilhelms-
Universität Bonn (D)
Haider-Dechant, Univ.-Prof. Dr. Margit: Em. Anton Bruckner-Privatuniversität in Linz, Leiterin des Woelfl-Hauses Bonn, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn (A/D)
Jones, Prof. Dr. Timothy: Deputy Principal der Royal Academy of Music, London und University of London (GB)
Krones, Univ.-Prof. Dr. Hartmut: Universität für Musik u. darstellende Kunst Wien (A)
Loos, Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut: Em. Universität Leipzig (D)
Muskens, PhD(c) Anders: M Mus, B Sc EE, ARCT, University of Tübingen (D / CAN)
Petrova-Forster, Dr. Anna: Pianist, independent researcher (CH)
Ross, Prof. Dr. Jacqueline: Professor an der Guildhall-School London (GB)
Siegert, Prof. Dr. Christine: Beethoven-Haus Bonn, Leiterin des Forschungszentrums Beethoven-Archiv (D)
Thongsawang, Dr. Chanyapong: Asst. Professor am Princess Galyani Vadhana Institute of Music, Bangkok (TH)
Tutert, Anna Katharina: Doktorandin in den Fächern Historische Musikwissenschaft und Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und Theater, München (D)
Vogel-Walter, Dr. Dr. Bettina: Freie wissenschaftliche Mitarbeiterin des Woelfl-Hauses (D)
Windisch, Prof. Dr. Wolfram: Chefarzt der Lungenklinik Köln / Merheim, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (D)
Details zu unseren Referenten und ihren Vortragsthemen:
Prof. Dmitry Ablogin ist Spezialist für historische Aufführungspraxis, der auf historischen Tasteninstrumenten genauso wie auf dem modernen Konzertflügel zuhause ist und zu den interessantesten und vielseitigsten Pianisten seiner Generation zählt. Zahlreiche Preise, unter anderem beim 1. Internationalen Chopin-Wettbewerbs für historische Instrumente in Warschau (2018) und als Gewinner des 10. internationalen Deutschen Klavierpreises im Oktober 2021, belegen seine Ausnahme-Klasse.
Dmitry konzertierte in der Schweiz, in Italien, Spanien, Deutschland, Dänemark, Polen, Frankreich, in den USA und ist regelmäßig zu Gast bei renommierten Festspielen, sowie "Miami Piano Festival" in Florida und "Chopin und sein Europa“ in Warschau.
2023 debütierte er in den Berliner und Kölner Philharmonien, sowie im Freiburger Konzerthaus als Solist gemeinsam mit dem Freiburger Barockorchester.
Oktober 2023 wurde sein Album mit den letzten Werken von Chopin auf seinem eigenen Flügel veröffentlicht.
Neben seiner weltweiten Konzerttätigkeit hat Dmitry eine Vertretungsprofessur für Klavier an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main.
„Unterschiede der historischen Aufführungspraxis bei Beethoven und Woelfl“
Chercheur au CNRS (IReMus, Paris), Hervé Audéon est actuellement responsable de l’équipe des éditions musicales critiques et co-dirige la collection d’éditions musicales en ligne de son laboratoire. Ses recherches concernent notamment les pratiques et répertoires musicaux aux XVIIIe et XIXe siècles. Il travaille avec plusieurs musiciens et facteurs d’instrument, dont actuellement pour le programme de recherche AcClaV du Fonds stratégique Suisse Hes-so.
Il a co-dirigé les actes des rencontres organisées pour le 250e anniversaire de la naissance d’A. Reicha, parus chez G. Olms, et participé au Dictionnaire de l’Opéra de Paris sous l’Ancien Régime. Il a publié plusieurs éditions musicales critiques, articles et ouvrages, dont 14 symphonies de H. -J. Rigel, la correspondance de L.-F. Herold ou les écrits inédits d’A. Reicha. Outre les concertos de Woelfl, il prépare l’édition de quatuors inédits d’I. Pleyel pour l’ICCMU (Madrid) et d’une sonate avec violon de F. W. Rust.
Membre du Conseil national des universités (CNU), il est également expert auprès du Haut Conseil de l’évaluation de la recherche et de l’enseignement supérieur (Hcéres).
Les concertos « militaire », op. 43, et « Le coucou », op. 49, pour piano et orchestre de Joseph Woelfl : présentation des œuvres et de leur nouvelle édition dans le cadre de la Joseph Woelfl Gesamtausgabe
L’édition en cours des concertos op. 43 et 49 de Joseph Woelfl est l’occasion de présenter ces deux œuvres pour piano et orchestre, composées à Londres et publiées pour la première fois en 1807 et 1809. Tout en explorant l’ensemble des sources qui les concernent et en abordant quelques questions liées à leur nouvelle édition, il s’agira de saisir leur originalité en les replaçant dans leur cadre historique de composition et d’exécution.
Prof. Dr. Dr. h.c. Otto Biba. Bis 30. Juni 2021 Direktor von Archiv, Bibliothek und Sammlungen der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Danach freischaffender Musikwissenschaftler. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Musikgeschichte des 17. bis 20. Jahrhunderts, vor allem zu Kirchen- und Adelsmusik sowie zum Musikinstrumentenbau, zu Mozart, Haydn, Beethoven, Schubert, Brahms und Gottfried von Einem (samt deren Zeitgenossen) sowie zur Geschichte des Konzertwesens. Editionen von mehr als 120 musikalischen Werken aus Barock, Klassik und Romantik. Mitglied mehrerer musikwissenschaftlicher Gremien. Regelmäßige Vortragstätigkeit sowie Kurator von Musikausstellungen in Österreich, europäischen Ländern und Übersee.
„Musiker und Komponisten zu Woelfls Zeit rund um Straßwalchen“
Das Musikleben in Straßwalchen im 18. Jahrhundert ist noch nicht aufgearbeitet. Wie in allen Markt- oder kleinstädtischen Gemeinden lag dieses auch dort in den Händen der Kirchenmusiker wie der in Diensten der Gemeinde stehenden „Turner“ (keine Bezeichnung für Sportler, sondern für handwerklich organisierte Musiker). Vor allem aus der nahe gelegenen Marktgemeinde Mondsee besitzen wir jedoch Informationen über die Tätigkeiten der dortigen Kirchenmusiker und Turner im 18. Jahrhundert. Weil das kirchliche Zentrum Mondsees ein Benediktinerstift war, sind kirchenmusikalische Vergleiche mit Straßwalchen nur bedingt möglich, allerdings ist nicht zu vergessen, daß Straßwalchen eine Mondseer Stiftspfarre war. Ausbildung, Können und Pflichten der Turner von Mondsee können aber vergleichsweise ein authentisches Bild von den Turnern als Träger der Straßwalchener Musikkultur im 18. Jahrhundert liefern. Und in dieser (möglicherweise den Vater geprägt habenden) Musikkultur könnte eine der Wurzeln für Josef Woelfls Begabung liegen. Ferner wird an die Bedeutung Straßwalchens als Poststation für reisende Musiker zu erinnern sein.
Dr. Ingrid Bodsch M.A., Studium der Geschichte, Germanistik, Kunstgeschichte und Volkskunde in Graz und Bonn (Magisterexamen Bonn 1977). Wiss. Mitarbeiterin am Hist. Seminar der Universität Bonn bis 1981. Danach in Köln, Jülich und in den USA im Museums- und Ausstellungsbereich tätig. 1989 Promotion an der Universität Bonn. Von 1990 bis Mai 2021 Gründungsdirektorin des Stadtmuseum Bonn. Von 2003–2007 Fachgruppensprecherin der Kulturhistorischen Museen im Deutschen Museumsbund, seit 2005 bis heute Projektleiterin des Internationalen Schumann-Netzwerks/Schumann-Portals, seit Juni 2021 wiss. Kuratorin der Joseph-Woelfl-Gesellschaft Bonn. Trägerin des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst (2005), des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich (2013) und des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland (2020). Arbeitsschwerpunkte: Ausstellungen, Veröffentlichungen und Veranstaltungsorganisation von Konzerten bis zu Filmfesten und Tagungen zu kulturhistorischen Themen, mit Schwerpunkt Gesellschaftsgeschichte, Literatur- und Musikgeschichte des 18. und 19. Jh.
„Von Mrs White und Mr Cudmore bis Miss Louisa Scarlett und Miss Logier – Neues zu Woelfl-Schülern und Widmungsträgerinnen im Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland.“
Einzelne Londoner Schüler von Joseph Woelfl wie die zu eigener großer Bekanntheit im englischen Musikleben gekommenen britischen Komponisten, Pianisten und Musikpädagogen Cipriani Potter und Charles Neate sind längst vielfach gewürdigt. Über andere, die Musik nicht zu ihrer Profession gemacht haben wie Elizabeth Binny oder die glühende jugendliche Woelfl-Verehrerin Marianne Francis referierten und schrieben in jüngster Zeit Leanne Langley und Rupert Ridgewell. Doch es gibt noch eine ganze Reihe weiterer bisher in der Woelfl-Literatur unerwähnt gebliebener Musikerinnen und Musiker, die in biographischen Artikeln oder Lexika als Schüler Woelfls bezeichnet werden bzw. sich selbst in Zeitungsannoncen als seine Schüler vorstellten. Auf sie ist das Augenmerk des Vortrags gerichtet.
Dr. Martin Czernin. Studium der Musikwissenschaft in Salzburg und Wien. Anschließend Musikarchivar in der Benediktinerabtei „Schottenstift“ im Zentrum Wiens. Mitarbeit am neuen Verzeichnis der Werke von Johann Josef Fux (1660-1741). Derzeit Mitarbeiter der Kulturabteilung des Landes Burgenland als Verantwortlicher für die Musiksammlung des Landes im Landesarchiv Burgenland. Daneben Lehrtätigkeit am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien sowie am Joseph Haydn Konservatorium in Eisenstadt. Zahlreiche Vorträge und Publikationen zur österreichischen Musikgeschichte, besonders des Mittelalters und des 18.-20. Jahrhunderts.
„Neue Erkenntnisse zu Biografie und Rezeptionsgeschichte von Joseph Wölfl in Österreich“
Joseph Wölfl war Zeit seines Lebens mit Österreich verbunden, was sich vor allem durch die zahlreichen Publikationen seiner Werke bei österreichischen Verlagen zeigt. Sowohl hinsichtlich seiner Werke aber auch seiner Biographie beschäftigte sich die Internationale Wölfl-Forschung in den letzten Jahren vor allem mit seiner Zeit in Salzburg. Andere Orte rückten vor allem hinsichtlich der Aufführungen seiner Werke in den Mittelpunkt des Interesses.
Die Ausführungen in diesem Referat basieren vor allem auf den veröffentlichten Angaben zu Biographie und Werken von Joseph Wölfl im Werkverzeichnis von 2011 und versuchen zahlreiche neue Erkenntnisse zu den verschiedensten Aspekten seiner Biographie und seinen Werken in übersichtlicher Form zusammenzustellen. Im Zentrum stehen dabei besonders die Unterlagen in Bibliotheken und Archiven Wiens und im Gebiet des heutigen Burgenland.
Prof. Dr. Hermann Dechant wurde 1939 in Wien geboren. Mit sechs Jahren erhielt er den ersten Klavierunterricht, mit zehn Jahren wurde er an die Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien in die Frühbegabtenabteilung aufgenommen und studierte Flöte. 1958 absolvierte er Gymnasium und Akademie „mit vorzüglichem Erfolg“ und wurde 1960 als Soloflötist der Bamberger Symphoniker verpflichtet. Zusätzlich studierte Dechant Dirigieren, Komposition, Musikwissenschaft und Kunstwissenschaft an den Universitäten in Würzburg und Regensburg (Dr. phil.). Ab 1968 gehörte er dem Leitungsteam des Bundesjugendorchesters an. 1973 wurde Dechant an die Hochschule für Musik in Würzburg für die Fächer Dirigieren und Orchesterleitung berufen (Professor). Sein 1985 publiziertes Handbuch „Dirigieren. Zur Theorie und Praxis der Musikinterpretation“ gilt bis heute als Standardwerk und liegt seit 2000 auch in russischer Übersetzung vor. Für seine Tätigkeiten als Musiker, Komponist, Dirigent, Pädagoge und Wissenschaftler wurde Dechant mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens.
„Joseph Woelfls gesellschaftskritische Opern Das schöne Milchmädchen, Der Brigithe-Kirchtag und Liebe macht kurzen Prozeß“
Der Vortrag widmet sich jenen Opern Joseph Woelfls, die in seiner Gegenwart spielen: Das schöne Milchmädchen oder der Guckkasten, Der Brigittha-Kirchtag und Liebe macht kurzen Prozess (Pasticcio mit Ouvertüre und 18 Nummern, davon neun von Woelfl). Die Librettisten dieser Opern waren durchwegs Repräsentanten der Aufklärung, ihre Texte sind gesellschaftskritischer Natur. Daraus soll abgeleitet werden, dass Woelfl (seit 1800 Freimaurer) selbst Anhänger der Aufklärung war.
Prof. Dr. Margit Haider-Dechant. Studien in Klavierpädagogik und Konzertfach Klavier in Linz, Salzburg, Frankfurt und Freiburg/Breisgau sowie in Musikwissenschaft in Graz und Wien; 2005 Habilitation, 2008 Promotion Dr. phil. s.c.l. Bis 2014 Klavier-Professorin an der Bruckner Universität in Linz, OÖ. Von 2001–2002 zusätzlich Gastprofessorin an der Mahidol-Universität in Bangkok, ab 2018 Lehrauftrag an der Universität Bonn.
Konzerte weltweit, die auch von Rundfunk- und Fernsehstationen aufgezeichnet wurden. Zahlreiche Einspielungen auf CDs, u. a. für die größte japanische Schallplattenfirma Fontec. Aufgrund der CD „Wagner für Tasten“: Konzert-Einladung von Wolfgang Wagner in die Villa Wahnfried.
Ehrungen: 1998: Ehrenmitglied des Richard-Wagner-Verbandes Barcelona | 2000: Ehrenprofessur der Russischen Föderation | 2015: Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
„Woelfls Practical School for the Piano Forte Op. 56 als klaviertechnisches und musiktheoretisches Werk“ – Präsentation der Praktika-Ausgabe
Im Gegensatz zu üblichen Klavierschulen setzt sich Woelfl in seiner Practical School nicht nur mit klaviertechnischen Problemen auseinander, sondern benützt sie zugleich als Lehrwerk für Theorie und Form. Zudem verzichtet Woelfl auf jedwede verbale Erklärung, womit er von den Schülern ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit voraussetzt. Sie mussten anhand der Etüden Möglichkeiten eines Themenaufbaus oder unterschiedlichste Arten von Verzierungen erkennen, bzw. aus pädagogisch gesetzten Fingersätzen Artikulationsbögen entwickeln. Nicht zu vergessen sind die unzähligen Hinweise auf Anwendungsmöglichkeiten polyphoner Technik. Anhand von unerwarteten harmonischen Wendungen innerhalb von konventionell geführten Teilen seiner Kompositionen, mit denen Woelfl bereits weit in die Zukunft weist, ermutigte er seine Schüler, in ihren Kompositionen seinem Beispiel zu folgen.
Univ. Prof. Dr. Hartmut Krones. Geb. 1944 in Wien, studierte Musikerziehung und Germanistik für das Lehramt, Gesang, Gesangspädagogik sowie Musikwissenschaft (MMag. Dr.), unterrichtet seit 1970 an der Akademie (1998 Universität) für Musik und darstellende Kunst Wien und leitete März 2002 bis September 2013 das „Institut für Musikalische Stilforschung“ (Abteilungen „Stilkunde und Aufführungspraxis“ sowie „Wissenschaftszentrum Arnold Schönberg“). Mitarbeiter und Fachbeirat der MGG (für „Österreich, 20. Jhdt.) sowie des „Historischen Wörterbuchs der Rhetorik“, Publikationen in den Bereichen Aufführungspraxis Alter und Neuer Musik, Musikalische Symbolik und Rhetorik sowie Musik und Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts (incl. Musik im Exil); Bücher u. a. über Leben und Werk von L. van Beethoven sowie von A. Schönberg. 2018 erschien der 1. Band der von ihm geleiteten Kritischen Gesamtausgabe der Schriften Arnold Schönbergs, 2023/24 folgen zwei weitere Bände.
„Zu Woelfls Joseph Haydn gewidmeten Klaviertrios Opus 5“
Als der seit zwei Jahren in Wien weilende Joseph Woelfl Ende 1797 dem mittlerweile ebenfalls meist in der Metrople des „Heiligen römischen Reiches deutscher Nation“ wohnenden Joseph Haydn seine drei Klaviertrios opus 5 widmete, waren ihm sicher etliche von dessen Trios bekannt; von den späteren wohl die drei Werke, die 1795 in London als Haydns „Op. 73“ erschienen waren, vielleicht aber auch schon die dort 1797 gedruckten Trios „Opus LXXV“. Und so nimmt es nicht wunder, daß der 23jährigen Woelfl sich dem weltberühmten Widmungsträger mit handwerklichen Elementen empfehlen wollte, die dieser selbst in seinen Klaviertrios, aber auch insgesamt in seinen Werken, meisterhaft entwickelt hatte. Neben der dominanten Rolle des – bis in die Zeiten von Johannes Brahms im Titel erstgenannten – Klaviers bei der Themenaufstellung sind dies überraschende Modulationen, scharfe Akzentgebungen bis hin zu synkopierenden Sforzati, chromatische Einsprengseln in den Melodieführungen sowie vor allem jene Bauweise der Themen, die 1796 das „Jahrbuch der Tonkunst von Wien und Prag“ in bezug auf Joseph Haydns Streichquartette ansprach: „Oft zerfällt sein Thema in zwei entgegen gesetzt Scheinende, welche in ihrem Wiederspruche selbst, eine bewunderungswürdige Uebereinstimmung beobachten, und unvermerkt sich wieder in den vollkommensten Einklang verflechten.“ Und wie Haydn geht auch Pleyel fallweise über diesen „Einklang“ zweier Elemente „des“ (einen) Themas hinaus, indem er mehrere Sätze eines Werkes auf einen Grundeinfall gründet und dieses zu einer zyklischen Einheit führt, die Haydns Meisterschaft übernimmt und wie diese auf Beethovens spätere gesamtzyklische Organismen vorausweist.
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Loos. Geboren 1950; Studium der Musikpädagogik, anschließend Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie in Bonn; 1980 Promotion, 1989 Habilitation. 1981 bis 1989 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Bonn. 1989 bis 1993 Direktor des Instituts für deutsche Musik im östlichen Europa in Bergisch Gladbach. Seit April 1993 Inhaber des Lehrstuhls für Historische Musikwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz, von Oktober 2001 bis März 2017 an der Universität Leipzig.
„Joseph Wölfl (1773–1812) in der Allgemeinen musikalischen Zeitung“
Zeitungspropaganda und perfektes Marketing vermögen Einiges, funktionieren allerdings nicht unbedingt. Breitkopf & Härtel hat in der Musikstadt Leipzig um 1800 ein Verlagsimperium aufgebaut, das mit der Allgemeinen musikalischen Zeitung ein neuartiges Publikationsorgan installiert und damit die Firmenorganisation sehr erfolgreich vervollständigt hat. Joseph Woelfl gehörte im ersten Jahrgang der Zeitung zu den unbedingt unterstützten und empfohlenen Komponisten, verschwand dann aber zunehmend aus den Beiträgen. Gegenüber der Dominanz von Haydn und Mozart in den Blättern kam er nicht an, und selbst Beethovens Präsenz stieg nur relativ langsam. Es stellt sich die Frage, welche Faktoren auf diese Entwicklung eingewirkt haben. Aus der Musik allein ist sie sicher nicht zu verstehen.
PhD(c) Anders Muskens is a Canadian early keyboard specialist and ensemble director, active as an international artist in North America and Europe. He completed an Associate Diploma (ARCT) in modern piano from the Royal Conservatory of Music, Toronto under the tutelage of Dr. Irina Konovalov, and followed with a Masters in Fortepiano at the Royal Conservatoire of The Hague under Dr. Bart van Oort and Petra Somlai, with Fabio Bonizzoni and Patrick Ayrton for harpsichord. He is currently a doctoral candidate in musicology at the University of Tübingen under the supervision of Jun. Prof. Dr. Matthew Gardner, Prof. Dr. Thomas Schipperges, and Dr. Jed Wentz, where he is researching the practical connection between rhetorical acting and music in the long eighteenth century. He has performed internationally at the Utrecht Early Music Festival, the Schwetzinger SWR Festspiele, Het Concertgebouw Amsterdam, the National Music Centre, the London International Festival of Early Music, and more. Muskens is the founder of the ensemble Das Neue Mannheimer Orchester: an international initiative to revive the music of the Mannheim School in the second half of the eighteenth century.
„The Eloquent Performance of Rhetorical Figures in Literature and Woelfl’s Keyboard Music from Historical Sources”
The art of classical rhetoric was an integral component in the conception of eighteenth-century music. For this reason, the modern musician with interest in historically informed performance practice of eighteenth-century music should adopt a practical rhetorical approach, where insights from eighteenth-century rhetorical treatises on elocution and acting enhance expressiveness to engage listeners with pathos. In addition, during this period, rhetorical figures were an important stylistic and structural building block in both literature and music, and many elocution treatises from the period provide specific instructions on how they should be performed rhetorically. This lecture-recital will examine these directions for a few key rhetorical figures and will advance an historically informed approach to their performance. Included will be practical performance case studies from both poetry and solo keyboard music by Joseph Woelfl.
Dr. Anna Petrova-Forster begann mit sechs Jahren ihr Musikstudium in Sofia und hat bei Ljuba Entcheva, Louis Hiltbrand, Hubert Harry und Nathan Milstein studiert. Neben ihrer Konzerttätigkeit trat sie auch als Solistin und Kammermusikerin in Rundfunk- und Fernsehsendungen auf. Anna Petrova-Forsters Interesse gilt den vergessenen Komponisten des 18. und 19. Jahrhunderts sowie den Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts. Ihre CDs sind Werken von Daniel Steibelt, J. Woelfl, G. Pinto, H. de Montgeroult, A. Boëly, A. A. Klengel, G. Aspull, J. Hauer und V. Kaprálová gewidmet. Dem gleichen Thema widmet sich auch ihre wissenschaftliche Arbeit, deren Dissertation den Titel „Vergessene europäische Klaviermusik der zweiten Hälfte des 18. und frühen 19. Jahrhunderts“ trägt.
„Daniel Steibelt, Joseph Woelfl und die ersten reisenden Klaviervirtuosen. Salzburg im Herbst 1783“
Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert eroberte ein neues Instrument – das Pianoforte – die europäischen Städte. Auch ein neuer Musikertypus, der reisende virtuose Solist, kommt immer häufiger vor. Zu den ersten Pianisten, die Europa bereisten, gehörten Johann Hässler, Muzio Clementi, Jan Ladislav Dussek, Daniel Steibelt und Josef Woelfl. Damals war die Konzerttätigkeit ein echtes Abenteuer, und wahrscheinlich war jeder reisende Virtuose von Natur aus ein Abenteurer. Er musste ein geschickter Impresario und ein gewiefter Geschäftsmann sein, aber auch ein gewiefter Diplomat. Heute können wir uns den Alltag der ersten Wandervirtuosen kaum noch vorstellen. Trotz der Fülle an Informationen, die wir über die Musikstadt Salzburg haben, gibt es in der Musikgeschichte Salzburgs des 18. Jahrhunderts noch viele Lücken. In dieser Stadt kreuzten sich 1783 die Wege von Daniel Steibelt mit denen der Familie Mozart und eventuell auch mit dem von Joseph Woelfl.
Prof. Dr. Jacqueline Ross. Born in New York, Jacqueline Ross began her studies at the Juilliard School. Her solo recordings include the Complete Sonatas and Partitas of JS Bach, and Complete Works for Violin and Fortepiano by Schubert. Ross attracts an international following of students as Professor at the Guildhall School in London. She is regularly invited to give masterclasses internationally, which have included: Curtis Institute, the Juilliard School, HfMDK Frankfurt and Beijing Central Conservatory. She has also adjudicated on major violin competitions, including the Menuhin, Leopold Mozart, and Louis Spohr International Violin Competitions, among many others. Her research into style and performance has been supported by the Dutch Arts and Humanities Research Board and The British Council. She was awarded an AHRC Visiting Fellowship based at Cambridge University, to further her research on early 19th century performance practice, and to prepare a performing edition of Schubert’s Trockene Blumen Variations. Her critical and performing edition of Clara Schumann’s Drei Romanzen op. 22 was published in March 2021 by Bärenreiter. This edition is the first to include all manuscript sources that survive, such as: Schumann’s draft manuscript, presentation autographs for Wasielewsky and Joachim, as well as copyists’ parts once owned by the two violinists. Ross performs on a Nicolo Amati violin made in Cremona, on kind loan from Peter Biddulph violins, London.
Asst. Professor Dr. Chanyapong Thongsawang, thailändischer Pianist und Musikwissenschaftler, absolvierte das Studium in Musikwissenschaft bei Univ.Prof. Dr. Hartmut Krones an der Universität für Musik und darst. Kunst Wien, 2015 Promotion Dr. phil. Gleichzeitig Postgraduate-Studium im Hauptfach Klavier bei em. Univ.Prof. Dr. Margit Haider-Dechant und Hammerflügel bei Wolfgang Brunner an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz. An der Hochschule der Künste Bern, Schweiz erhielt er sein Konzertdiplom und Master Degree in Musikpädagogik in den Fächern Klavier. Er war Preisträger mehrerer internationaler Musikwettbewerbe: 1. Preis beim Natstudio-Klavierwettbewerb in Bangkok, Excellent Prize beim Chopin-Klavierwettbewerb in Japan, 3. Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb Citta di Cortemilia. Vor seinen europäischen Studien absolvierte er an der Chulalongkorn Universität in Bangkok den Bachelor-Studiengang Elektroingenieurwesen. Chanyapong Thongsawang kehrte 2015 als Dozent am Princess Galyani Vadhana Institute of Music nach Bangkok zurück.
„Joseph Woelfl’s Arrangements on French Operatic themes”
Joseph Woelfl arranged themes from French operas during his stay in Paris (1804) and London (1806). Romance variée de l’Opéra Une folie par Méhul, WoO33, written in a variation form, demonstrates diverse brilliant pianistic techniques. Also Woelfl transcribed for piano reductions of selected overtures, arias and duets from the operas Adolphe et Clara, ou Les deux prisonniers, Maison à vendre by Nicolas-Marie Dalayrac, L’amour filial, ou Les deux Suisses by Pierre Gaveaux, and Louise, ou La Malade par amour by Jean-Pierre Solié. A comparative study between the original themes from conducting or piano reduction scores and transcriptions by Woelfl depicts how Woelfl interprets and arranges the original tunes.
Anna Katharina Tutert studierte Lehramt Musik an Gymnasien (Doppelfach) an der Hochschule für Musik und Theater München sowie Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nach den Staatsprüfungen in beiden Studiengängen und der Zusatzqualifikation Coaching in komplexen Systemen (CIKS) promoviert sie nun in historischer Musikwissenschaft an der HMTM. Tuterts Forschungsschwerpunkt bildet die Beethovenzeit als letzte Hochphase der improvisatorischen Praxis auf Tasteninstrumenten. Ihr besonderes Interesse gilt der Art und Weise, wie Improvisation gelehrt wurde und der Bedeutung von improvisatorischen Fähigkeiten für aufstrebende Musiker:innen im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Ihr Promotionsprojekt wird von Prof. Dr. Friedrich Geiger betreut.
„Er beschloss mit einer freyen Phantasie für das Fortepiano allein.“ – Spuren des solistischen Extemporespiels bei Joseph Woelfl
Meist werden in zeitgenössischen Rezensionen über Klaviervirtuosen des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts deren außerordentliche technische Fertigkeiten hervorgehoben. Im Falle Joseph Woelfls finden sich zusätzlich dazu überraschend detaillierte und stets positiv bewertete Schilderungen seines solistischen Stegreifspiels. Die quellenkundlich belegten Improvisationen Woelfls sind Gegenstad dieses Vortrags. Zusätzlich zu den schriftlich überlieferten Zeugnissen über die Improvisationspraxis in Konzerten werden auch ausgewählte Klavierwerke des Komponisten in die Überlegungen mit einbezogen. Im Zentrum steht die Frage, welche Spuren improvisatorischer Praxis für den Virtuosen, Komponisten und Pädagogen Woelfl nachgewiesen werden können und in welchem Verhältnis diese zueinanderstehen.
Bettina Vogel-Walter, Autorin und Kulturmanagerin, studierte Geschichte, Romanistik und Öffentliches Recht in Würzburg und Düsseldorf. Promotion über Gabriele D ́Annunzios Rolle im Ersten Weltkrieg. Dottorato an der internationalen Doktoranden-Universität Scuola Superiore di Studi Storici in San Marino. Fachliche Schwerpunkte sind Intellektuellen-Forschung, Frühfaschismus, Wechselwirkung Ästhetik-Politik, historische Avantgarde. Arbeitete u.a. für Claims Conference, Franz-Schnabel-Edition, DHI Rom. Wissenschaftliche Beratung und Organisation Radio-Performance „D ́Annunzioz“ von Jonathan Meese im Vittoriale degli Italiani. Tagung „Bayreuth italiana“ in der Villa Vigoni, Deutsch-italienischem Zentrum für den europäischen Dialog. www.bayreuth-italiana.com. Publikation zuletzt zusammen mit Immacolata Amodeo: Kunst wird Macht – Gabriele D ́Annunzio und Richard Wagner. Stuttgart 2020.
Woelfl und die böhmischen Bäder
Die Gastkonzerte Joseph Woelfls in Böhmen, damals Teil der k.k.–Monarchie, sind noch nicht vollständig rekonstruiert. Während die Konzerte in Brünn und ein Teil der Aufführungen in Prag von Alena Jacubcova dokumentiert wurden, gibt es nur vage Hinweise auf Konzerte und Kuraufenthalte im böhmischen Bäderdreieck. Während die Französische Revolution die europäischen Städte im Griff hatte, kurte die internationale Elite – Adel, reiche Bürger, Künstler – im böhmischen Bäderdreieck, romantisch umrahmt von Fichtenwäldern. Das Salonleben wurde teilweise durch die fremden Eliten organisiert. Konsum von Sprudelquellen und Kultur gehörten fest zusammen. Die Kurgäste kamen nicht nur aufgrund ihrer Leiden. Die Bäder waren in Mode und die angesagten Künstler – Goethe war insgesamt drei Jahre hier – waren mit hoher Frequenz anwesend. Da infolge des musikalischen (und literarischen) Kanon - der ja nicht zuletzt nationale Identität stiften sollte - der Fokus in der Kunst verengt wurde, bleibt hier nur die Suche nach Quellen zur genauen Dokumentation der Aufenthalte.
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